Leipzig/ Berlin. Hat ein beihilfeberechtigter Beamter seine Ehefrau ermächtigt, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten und hat diese ohne Kenntnis des Beamten, aber unter seinem Namen Beschäftigte der Beihilfestelle durch Bestechung oder arglistige Täuschung veranlasst, unrichtige Beihilfebescheide zu seinen Gunsten zu erlassen, können diese zurückgenommen werden. Auch können die aufgrund dieser Bescheide antragsgemäß auf das Konto der Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen von dem Beamten grundsätzlich zurückgefordert werden, obwohl er von diesen Zahlungen keine Kenntnis hatte. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.
Der beihilfeberechtigte Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Beamter im Dienst des beklagten Landes Berlin. Seine Ehefrau wurde u.a. wegen Bestechung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil wird u.a. festgestellt, dass sie über Jahre hinweg in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung von gefälschten Zahnarztrechnungen eingereicht hatte. Diese Anträge wurden von einer Tante des Klägers, die als Sachbearbeiterin in der Beihilfestelle tätig war, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben. Die jeweils auf das in den Anträgen angegebene Konto der Ehefrau ausgezahlten Beihilfeleistungen i.H.v. insgesamt etwa 600 000 € hatten die beiden Frauen unter sich aufgeteilt. Ein gegen den Kläger wegen dieser Vorgänge eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das Landesverwaltungsamt Berlin nahm die betreffenden Beihilfebescheide insoweit zurück, als sie auf gefälschten Rechnungen beruhten. Mit gesondertem Bescheid forderte es die danach zu Unrecht gewährte Beihilfe von dem Kläger zurück. Während Klage und Berufung gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide erfolglos geblieben sind, hat der Kläger mit seiner Klage gegen die Rückforderung der Beihilfeleistungen vor dem Verwaltungsgericht überwiegend Erfolg gehabt. Das Verwaltungsgericht hat lediglich auf einen Rückforderungsanspruch von knapp 200 000 € erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegen die Rücknahme der Beihilfebescheide eingelegte Revision des Klägers zurückgewiesen, das den verbleibenden Rückforderungsbetrag betreffende Urteil des Oberverwaltungsgerichts hingegen aufgehoben. Die Rücknahme der Beihilfebescheide ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in deren Bestand berufen. Vertrauensschutz scheidet kraft Gesetzes u.a. aus, wenn der Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt wurde. Das ist hinsichtlich der betroffenen Bescheide der Fall. Diese wurden nach den zweifelsfreien Feststellungen in dem gegen die Ehefrau ergangenen Strafurteil überwiegend durch Bestechung einer Bediensteten des Beklagten und im Übrigen – wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat – durch arglistige Täuschung herbeigeführt. Der Kläger muss sich die von seiner Ehefrau vorgenommenen Bestechungs- und Täuschungshandlungen in Anwendung eines Rechtsgedankens des Zivilrechts zurechnen lassen, weil er seine Ehefrau beauftragt hatte, ihn in Beihilfeangelegenheiten zu vertreten.
Der Rückforderungsbescheid ist hingegen rechtswidrig. Das beruht nicht schon darauf, dass der Kläger von den auf das Konto seiner Ehefrau überwiesenen Beihilfeleistungen keine Kenntnis hatte. Die Ehefrau hatte in den Beihilfeanträgen angegeben, die Leistungen seien ihrem Konto gutzuschreiben. Da sie von dem Kläger umfassend mit seiner Vertretung in Beihilfeangelegenheiten beauftragt war, ist ihm auch diese Erklärung in Anwendung zivilrechtlicher Grundsätze mit der Folge zuzurechnen, dass er als derjenige anzusehen ist, der die Leistungen erhalten hat. Der Bescheid hält aber einer rechtlichen Prüfung deshalb nicht stand, weil die Rückforderung von Gesetzes wegen im Ermessen steht und das Landesverwaltungsamt wesentliche Gesichtspunkte, die gegen eine Rückforderung – wenn auch nicht zwingend – sprechen könnten, nicht gewürdigt hat. Insbesondere hat es nicht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Kläger weder von den Bestechungs- und Täuschungshandlungen noch von den Zahlungen Kenntnis hatte.
Quelle: Urteile vom 22. März 2017 –BVerwG 5 C 4.16 undBVerwG 5 C 5.16 (Pressemitteilung 18/ 2017 des Gerichts)